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taz vom 25.04.2018: Europas Antifeministisches Netzwerk: Geheim und radikal

Verbindungen bis in Vatikan und EU: Ultrakonservative von „Agenda Europe“ wollen Homo-Ehe, Abtreibung, Scheidung und Verhütung abschaffen.

Das barocke Jagdschloss Fürstenried, im grünen Südwesten Münchens gelegen, dient dem Bistum München und Freising als Exerzitienhaus. 2014 trafen sich dort in geheimer Runde bis zu 150 Mitglieder eines Netzwerks, das generalstabsmäßig an einem europaweiten Rollback sexueller und reproduktiver Rechte arbeitet: Agenda Europe.
Agenda Europe ist ein professionelles Lobby-Netzwerk, das enge Verbindungen zum Vatikan pflegt und Konservative, TraditionalistInnen und ChristInnen in ganz Europa eint: Da ist zum Beispiel die österreichische Lebensschutz-Aktivistin und Parlamentsabgeordnete Gudrun Kugler. Da ist der EU-Kommissionsbeamte Jakob Cornides, der sich öffentlich gegen den „Gleichheitswahn“ ausspricht. Oder Anti-LGBTI-AktivistInnen verschiedener Länder wie die Französin und Homo-Hasserin Ludovine de La Rochère.
100 bis 150 Einzelpersonen aus mindestens 50 konservativen europäischen Organisationen, so heißt es in einem kürzlich veröffentlichten Bericht des Europäischen Parlamentarischen Forums für Bevölkerung und Entwicklung (EPF), gehörten Agenda Europe an. Das Netzwerk, schreibt darin EPF-Geschäftsführer Neil Datta, sei „reaktionär und expansiv“. Er warnt: Sollten deren Mitglieder ihre Ziele erreichen, würden sie jahrzehntelange Fortschritte sexueller und reproduktiver Rechte zunichtemachen. …

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taz vom 26.04.2018: Kommentar: Ultrakonservatives Netzwerk Agenda des Schreckens

Das christlich-fundamentalistische Netzwerk „Agenda Europe“ ist wesentlich besser vernetzt als gedacht. CSU und AfD stehen manchen Positionen nahe.

Es liest sich wie eine beklemmende Dystopie. Homosexualität gilt als Sodomie, Kondome und die Pille sind verboten, Abtreibung ebenso, auch wenn die Frau vergewaltigt wurde. So sieht die Zukunft aus, wenn es nach dem europaweiten ultrakonservativen Netzwerk „Agenda Europe“ geht, das eine imaginäre „natürliche Ordnung“ wiederherstellen will.
Einiges war bereits bekannt: Wer die einflussreichen Mitglieder sind, etwa die Österreicherin Gudrun Kugler, die für die ÖVP im Parlament sitzt. Oder welche Gruppen mit dem Netzwerk in Verbindung stehen, beispielsweise die Initiative „Mutter, Vater und Kind“ zum Schutz der traditionellen Ehe und Familie.
Nicht bekannt war, wie gut vernetzt und professionell die Initiativen vorgehen. Wie Recherchen des Europäischen Parlamentarischen Forums für Bevölkerung und Entwicklung (EPF) zeigen, steht hinter scheinbar nicht zusammenhängenden Kämpfen, etwa gegen Aufklärungsunterricht an Schulen oder gegen die Ehe für alle, oft dasselbe Netzwerk, dieselbe christlich-fundamentalistische Strategie. Markus Söders bayerischer Gottesstaat kommt in dem Bericht nicht vor. Trotzdem muss man auch diesen im Kontext sehen: Viele parallel arbeitende konservative, christlich-fundamentalistische, extremistische AkteurInnen profitieren momentan voneinander. …

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